2000: Der Prozess gegen Heinrich Gross
Friedrich Zawrel konfrontiert den Spiegelgrund-Mörder als Gutachter vor Gericht
Im Jahr 2000 sollte der letzte Mordprozess gegen einen NS-Täter in Österreich stattfinden. Angeklagt war Heinrich Gross wegen seiner Beteiligung an der „Kindereuthanasie“ in der Wiener Anstalt „Am Spiegelgrund“. Während der Direktor des „Spiegelgrund“ Ernst Illing wegen seiner Verbrechen 1946 hingerichtet wurde, überstand Gross die intensive Phase der Verfolgung von NS-Tätern in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Heimkehr 1948 kam er in Untersuchungshaft; das Verfahren versandete jedoch, und er kam 1950 frei. Danach stand einer glänzenden Karriere nichts mehr im Wege. Gross absolvierte die Ausbildung zum Psychiater, wurde zum prominentesten Gerichtsgutachter seines Faches und veröffentlichte zahlreiche Abhandlungen auf Basis der aus den Leichen der Spiegelgrund-Opfer gewonnenen Präparate. 1975 begutachtete er Friedrich Zawrel, der als Kind am Spiegelgrund interniert war. Zawrel erkannte seinen ehemaligen Peiniger wieder; dieser versuchte daraufhin, Zawrel mittels eines vernichtenden Gutachtens zum Schweigen zu bringen. Erst durch das Engagement der „Arbeitsgemeinschaft Kritische Medizin“ um Werner Vogt gelang es, Friedrich Zawrel 1981 aus der Haft zu befreien. Ebenfalls 1981 verlor Gross in zweiter Instanz ein Ehrenbeleidigungsverfahren, das er gegen Werner Vogt angestrengt hatte. Es sollte dennoch fast zwei Jahrzehnte dauern, bis Gross als Angeklagter vor Gericht stand; der Prozess konnte jedoch nicht stattfinden, weil Gross per Gutachten als verhandlungsunfähig erklärt wurde. Er starb 2005.
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